Die neuen Armen

Die neuen Armen
April 10 14:33 2010 Print This Article

Der 2b AHEAD ThinkTank wird im Zukunftskongress im Juni darüber debattieren, wie wir im Jahr 2020 mit den neuen Armen umgehen und wie die staatliche Daseinsvorsorge in einer digitalen und vernetzten Welt bedeutet. Denn aus der Digitalen Kluft droht bis 2020 ein Visibility Gap zu werden und neue Aufgaben für die öffentlich-rechtliche Versorgung stehen bevor.

Neue Probleme entstehen vor allem zwischen den sozialen Schichten, entlang den Menschen die es gelernt haben mit sozialen Medien zu leben und welche die wenig bis keinen Kontakt haben.

„Wer im Jahr 2020 die Spielarten der internetbasierten Kommunikationsdienste von intelligenten Assistenten und Smartphones über E-Books, Messenger und InternetTV bis zu Communities, Twitter & Co nicht beherrscht, der wird ein Leben führen, wie jene heutigen Zeitgenossen unserer Generation, die keine E-Mails benutzen: Sie können leben, aber sie sind abgeschnitten von wesentlichen gesellschaftlichen und privaten Kommunikationsprozessen.“

Jenny hat das E-Book gerade zugeklappt und in ihrer Tasche verstaut, als sie sieht, dass jemand direkt auf sie zusteuert. Quer über den Schulhof kommt Doreen, ihre Banknachbarin. Jenny überlegt kurz, ob sie noch mit einer schnellen Ausrede verschwinden kann, aber dafür ist es jetzt schon zu spät. Und so schlimm wird es schon nicht werden. „Eigentlich ist sie ja ganz okay“, denkt Jenny, „aber kein bisschen cool“, fügt sie in Gedanken hinzu. Doreen redet nie von allein, sondern nur, wenn sie gefragt wird.

Und wenn sie redet, dann kennt sie die coolen Communities und Celebrities nicht. Sie hat nicht einmal einen Avatar! Wie soll man dann mit ihr befreundet sein? Und wenn sie im Unterricht mit dem E-Book um die Wette etwas suchen müssen, hat ihre Bankreihe bisher immer verloren, weil Doreen immer die letzte ist. Sie kennt sich einfach nicht aus.
Im Unterricht hat Jenny sogar schon einmal bei Doreen abgeschrieben, aber in der Pause weiß sie einfach nicht, was sie mit ihr besprechen soll. Das ist bei Dana ganz anders. Doreen setzt sich neben Jenny auf die kleine Steinmauer. „Ich wollte dich einladen“, beginnt sie. „Nächste Woche habe ich Geburtstag und am Freitag mache ich eine Geburtstagsparty. Willst du kommen?“ Jenny weiß nicht so recht. Sie war schon einmal bei Doreen zuhause gewesen, das war komisch gewesen. Sie erinnert sich nicht gerne an diesen Nachmittag.
Es war eigentlich nichts Schlimmes passiert, und auch Doreens Eltern waren ganz nett. Aber es war so langweilig gewesen. Zuerst sind sie noch auf den Hof gegangen und hatten Himmel und Hölle gespielt. Aber dann hatte Jenny vorgeschlagen, dass sie sich die tägliche Folge der „Beachprinzessin“ anschauen. Das war die neue Serie. Jede in der Klasse schaute das.
Aber als sie oben vor dem Fernseher waren, hatten sie die „Beachprinzessin“ nicht gefunden, denn Doreens Familie hatte noch so einen alten Fernseher mit Fernbedienung. Bei dem gab es keinen Rob, der einem die coolen Sendungen heraussuchte. Da musste man noch selbst suchen. Aber nicht mal Doreens Mutter konnte die Serie finden.
Mit der Fernbedienung konnten sie zwar von Sender zu Sender springen, aber alle Sendungen waren entweder langweilig oder hatten schon angefangen. Nach zehn Minuten war es Jenny dann zu blöd gewesen.
Da hatte sie vorgeschlagen, dass sie bei Plazes reingehen und die anderen Mädchen aus der Klasse fragen, was heute bei der „Beachprinzessin“ los war. Aber aus irgendwelchen Gründen hatte Doreens Mutter verboten, das EBook für etwas anderes als für die Schule und die Hausaufgaben zu benutzen. Und einen Plazes-Avatar hatte Doreen auch nicht.

„Wer kommt denn noch?“, fragt Jenny. Doreen zählt ein paar Kinder aus ihrem Haus auf. „Na mal sehen. Vielleicht komme ich auch. Ich muss erst meine Mutti fragen.“Jenny steht auf. Dass sie an diesem Freitag auch eine Geburtstagsfeier hat, will sie Doreen nicht erzählen.

Die Geschichte schildert die Probleme unserer neuen Generation. Dabei sind die Lösungsansätze gegen diesen Visibility Gap wirklich trivial:

  1. Jeder Bürger soll die Möglichkeit haben Breitband-Internetanschluss zu haben, nicht nur an öffentlichen Orten wie Bibliotheken und Schulen.
  2. Jeder Bürger soll in der Lage sein, damit umzugehen.
  3. Der Staat muss den öffentlich-rechtlichen Sender neu erfinden.

Unter „visibility gap“ verstehe ich die sozialen Gräben der Online-Generation. Die digitale Lücke zwischen Onlinern und Nonlinern wird wachsen. Dabei werden Menschen, die sich nicht aktiv im Netzwerk bewegen zum Teil vom Leben ausgeschlossen. Entsprechend werden die Nonlinern „unsichtbar“ für die Online-Generation und weniger bis gar nicht wahrgenommen.

Zwangsweise müssen wir uns an die neue Generation anpassen, um am gesellschaftlichen Leben teil zu haben und auch nicht vergessen zu werden. Welche Rolle dabei die sozialen Netzwerke haben, dass ist jedem klar, aber die Rolle des Datenschutzes muss neu erörtert werden.

Den Kompletten Beitrag findet ihr unter 2b AHEAD.

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2 Comments

  1. April 17, 18:13 #1 Piratenweib

    Hallo Viet,
    jetzt musste ich doch auch mal gucken kommen, was auf dieser Seite so los ist …
    Der Artikel oben gefällt mir sehr gut. Denn dieses Problem sehe ich auch auf uns zu kommen. Menschen, die nicht online sind, werden in Zukunft außerhalb der Gesellschaft stehen und irgendwie – unsichtbar – werden. Dagegen könnte der Staat mit Förderprogrammen angehen, oder z.B. kostenlosen Internetzugang für alle Bürger/innen ermöglichen. Das wäre allemal besser, als die GEZ-Gebühren für Vorabendserien oder “Wetten Dass” Shows zu verschleudern.
    Naja, aber davon dürfen wir wohl nur träumen.

  2. April 17, 19:53 #2 Viet Author

    Das könnte doch ein Thema für die Piraten sein?
    Ich weiß leider nicht welche Themen da auf der Tagesordnung stehen, aber ich Schubser in diese Richtung wäre ganz gut.

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